Teil 1:
Dieser Mann ist Fan vom HSV, St. Pauli und Werder
Bremen
»Ein Pauli-Fan ist nicht automatisch Punk«
Olaf Gladiator lebt in Hamburg und hat Dauerkarten vom HSV, Werder und
St. Pauli. Doch wie lassen sich die Fanidentitäten verhasster Vereine
nebeneinander ausleben?
imago
Olaf Gladiator, Sie sind
Dauerkarteninhaber beim HSV, St. Pauli und Werder Bremen. Wie passt das
zusammen?
Eigentlich bin ich HSV-Anhänger, aber für mich gehört
der FC St. Pauli zu Hamburg einfach dazu. Deshalb unterstütze ich auch den
Kiez-Club. Dazu schaue ich mir auch gern internationale Spiele an. Als
Werder sich häufiger für die Champions League qualifiziert hat, habe ich mir
eine Dauerkarte für das Weserstadion zugelegt.
Aber sind Sie sich nicht über den Hass
der Fangruppen untereinander bewusst?
Na klar weiß man um die Rivalität. 1981 bin ich das erste Mal mit einem
befreundeten Werder-Fan ins Weserstadion und danach zusammen mit seinen
Kumpels auf einer Feier in Bremen. Da habe ich mich nicht als Hamburger zu
erkennen gegeben. Als es doch einer herausbekommen hat, mussten meine
Kollegen den von mir fernhalten.
Kurze Zeit später wurde der Werder-Fan
Adrian Maleika von Mitgliedern des HSV-Fanclubs »Die Löwen« ermordet.
Das war wirklich heftig. Bei Auswärtsfahrten musste man durchaus aufpassen,
denn es gab immer ein paar Chaoten, die es auf Prügeleien abgesehen hatten.
Dieser Vorfall wurde ohne Zweifel von allen Seiten verurteilt.
Maleika war 1982 der erste Fan, der in
Deutschland infolge eines Hooligan-Angriffs gestorben ist. Hat man ein
solches Maß an Gewalt kommen sehen?
Absolut nicht. Zwar gab es tiefe Abneigungen und immer wieder
Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Fangruppen. Aber der Großteil der
Fans hat einen Bogen um echte Gewalt gemacht. Wir haben eher auf
Auswärtsfahrten zusammen mit den gegnerischen Fans Bier getrunken.
»Die Löwen« waren für ihr rechtes
Gedankengut bekannt. Sind auch Sie, wie andere HSV-Fans in der Folge als
Abgrenzung zu dieser Gesinnung lieber zum FC St. Pauli statt in den
Volkspark gegangen?
Meine Sympathie für St. Pauli hat damit nichts zu tun. Ich grenze mich zwar
von diesen Chaoten ab, aber bin trotzdem weiterhin in den Volkspark
gegangen. Genauso ist nicht jeder Pauli-Fan automatisch ein Punk.
Teil 2:
»Dem HSV? Nicht mal den Dreck unter den
Fingernägeln«
Was verbindet Sie mit dem FC
St. Pauli?
Ein paar meiner Kollegen sind Pauli-Fans. Mit denen bin ich öfter zusammen
zum Millerntor und später auf den Kiez. Ich hab die Atmosphäre da immer
gemocht. Irgendwann haben wir überlegt, einen Fanclub zu gründen, uns fiel
aber kein Name ein. Jetzt haben wir uns »St. Pauli- Fanclub ohne Namen« auf
unsere Club-T-Shirts drucken lassen.
Ein sehr innovativer Name.
Wurden Sie schon mal mit solchen St. Pauli Fan-Devotionalien von HSV-Fans
erkannt oder umgekehrt?
Das passiert schon mal. Manche haben dafür aufgrund der Rivalität weniger
Verständnis. Aber ich bin mit 51 Jahren in einem gewissen Alter, wo die
Leute das nicht mehr so eng sehen. Und ich kenne auch Andere, die zu beiden
Vereinen gehen.
Aber Sie waren nicht immer 51
Jahre alt.
Auch in jungen Jahren hab ich keine übermäßige Abneigung gegen andere
Vereine empfunden. Wenn es Stress gab, habe ich versucht, dem aus dem Weg zu
gehen.
Rivalität kann sich auch durch
gesunde Abneigung anstatt bloßer Gewalt ausdrücken. Sie empfinden nichts,
wenn der HSV im Weserstadion oder am Millerntor verschmäht wird?
Natürlich macht mir das was aus. Einiger meiner Pauli-Kollegen wünschen dem
HSV nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln. Die machen vor mir keinen
Hehl daraus, dass sie sich die Hände reiben, wenn es bei uns so schlecht
läuft wie in den letzten beiden Jahren. Selbstverständlich weiß ich auch zu
kontern. Aber grundsätzlich versuche ich da einfach drüber zu stehen.
Und haben Sie schon
versehentlich den falschen Schal mit ins Stadion gebracht?
Das nicht, aber ich bin mal zusammen mit einem Kollegen unseres HSV-Fanclubs
»Von der Waterkant« zum Auswärtsspiel nach Köln gefahren. Einen Tag später
waren wir beim Spiel Duisburg gegen Bremen. Mein Kollege hatte sogar einen
grün-weißen Schal dabei, den er mir für ein Foto über die Schulter gelegt
hat. Nachdem wir das Ergebnis auf die Fanclub-Seite hochgeladen hatten, gab
es Stress und wir mussten das Bild löschen. Es war bekannt, dass ich eine
Dauerkarte für das Weserstadion habe, aber das war einfach zu viel für die.
Apropos viel - Sie unterstützen
neben all diesen Aktivitäten noch Ihren Heimatverein, den »SC Vier- und
Marschlande«. Was genießt die höchste Priorität?
Der Heimatverein geht immer vor. Als Betreuer der ersten Mannschaft und
VIP-Fan der Altliga-Truppe verpasse ich nur in absoluten Ausnahmefällen ein
Spiel.
Wie steht es um Ihren Verein?
Bis zur Saison 2014/15 stand die erste Mannschaft noch in der Oberliga
Hamburg. Wir hatten vor zehn Jahren auch eine sehr starke A-Jugend um Max
Kruse und Martin Harnik, die den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat.
Aber wie vielen anderen Amateurvereinen fehlt es bedingt durch eine Fusion
an der absoluten Identifikation der meisten jungen Leute mit dem Verein.
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